Du bist schon über 10 Jahre als DJ KO:YU in der Szene aktiv, warst bereits Support-Act von Avicii, Swedish House Mafia und vielen weiteren. Immer größer werdene Festivals und die Nachfrage nach EDM- und Progressive-House steigt mehr und mehr. Wie ist dir der Einstieg in das Business gelungen und wie denkst du über die Entwicklungen der letzten Jahre?
2011 hatte ich meinen Durchbruch, da habe ich einen Song releast, der „Tung!“ heißt. Davor habe ich auch schon 5-6 Jahre gespielt, Songs von anderen Artists gemixt und zum Teil für andere DJs produziert. Es war schwierig am Anfang, weil man etwas braucht, um aus der Masse herauszustechen. Den Song habe ich mit Flamingo Records, dem Plattenlabel von Fedde le Grand, veröffentlicht. Er hat mir viel geholfen und wollte meine Karriere in Fahrt bringen. Dafür bin ich nach Breda gezogen [Gemeinde in den Niederlanden, Anm. d. Red.], da dort Studios von Flamingo Records sind. Ab diesem Zeitpunkt ging meine Karriere schnell voran.
Die Entwicklung der Branche hat niemand geahnt.
Es gibt sowohl positive als auch negative Seiten. Der Markt war die letzten drei Jahre schon ein wenig übersättigt. Da war es ein bisschen schwierig, aber am Ende setzt sich immer die Qualität durch. Es sind sehr viele neue Talente dazugekommen. Das Angebot ist insgesamt größer geworden und es ist noch mehr Potenzial da, andere Sachen zu erreichen. Das große Ding, was jetzt viele DJs schaffen wollen, ist der Crossover zum Mainstream, um in die „richtigen“ Charts zu kommen, wobei das auch in den letzten Jahren durch DJs wie etwa „The Chainsmokers“ übersättigt war. Dann beschweren sich wieder die Labels, das es nicht genug Clubmusik gibt und alle nur noch diese Pop-Musik machen. Letztendlich glaube ich, dass es als Künstler immer nur wichtig ist, einen Schritt voraus zu sein.
Wie war es, mit den ganz großen Acts auf einer Bühne zu stehen und unterwegs zu sein?
Vor allem am Anfang total surreal. Ich hatte mir am Anfang fast 10 Jahre die Musik von den Leuten selbst angehört und war ein mega Fan. Du schaust zu denen rauf und es sind deine Idole. Es war nie möglich, an die heranzukommen und auf einmal hast du diesen einen Song und dann fängt deine Karriere an, richtig gut ins Rollen zu kommen und du stehst mit deinen Idolen auf der Bühne. Ich erinnere mich noch an das Jahr 2011. Da habe ich die erste ganz große Stadion-Show mit Tiesto zusammen in Berlin gespielt – davor hatte ich nur Club-Shows mit maximal 800 Leuten gemacht. Dann waren es auf einmal 20.000 bis 25.000 Leute in der Arena. Ich war so aufgeregt und nervös, das kann man gar nicht beschreiben. Mit der Zeit gewöhnst du dich ganz langsam daran, aber das hat auch 1-2 Jahre gedauert. Man lernt in der Zeit auch, dass das alle normale Jungs sind – keine Superhelden.
Wie hast du den plötzlichen Tod von Avicii erlebt und was hat es in dir ausgelöst?
Ein totaler Schock. Ich hatte schon durch Kollegen mitbekommen, dass er gesundheitliche Probleme hatte, aber dass das passiert, hat wirklich keiner geahnt. Das war wirklich schrecklich.
Ist es für dich dann auch so gewesen, dass du selbst über deinen eigenen Stress und deine Karriere nachgedacht hast?
Ja, natürlich. Avicii spielt in einer ganz anderen Liga. Bei mir ist das natürlich entspannter, aber selbst ich hatte schon Sommer, in denen ich bis zu 22 Auftritte pro Monat hatte. Da ist man nonstop unterwegs und das habe ich schon gemerkt. Man muss psychisch stabil, körperlich gesund sein und sich einen Ausgleich schaffen. Ich kenne auch viele, denen es vielleicht im Ansatz ähnlich geht wie Avicii, aber die reden nicht darüber, weil niemand Schwäche zeigen möchte. Das sieht nicht gut aus. Die behalten das leider für sich.
Was ist der perfekte Moment für dich auf der Bühne?
Es gibt bestimmte Momente, in denen du merkst, dass du mit der Crowd eine perfekte Connection hast. Ich hatte mal ein Festival in Vancouver, da habe ich eine Stunde gespielt. Das war eine Stadion-Tour mit Zedd vor 20.000 Leuten. Diese hatten von Anfang an so eine Energie, dass das hängengeblieben ist, weil die Menschen wirklich bei jedem Song so mitgegangen sind und gefeiert haben. Es ist schon ein Unterschied, wenn man bei einem Festival merkt, ob nur die ersten 30% in den vorderen Reihen oder ob wirklich mal alle mitgehen.
Was war das größte Publikum, vor dem du aufgetreten bist?
2013 in Zürich mit bis zu 30.000 Leuten bei einer Love Parade. Oder zum Beispiel beim Mysteryland in Chile – die sind auch bekannt dafür, dass sie massiv abgehen. Dann habe ich noch auf vielen Sensations gespielt, wovon einige auch sehr groß ausfielen.
Was magst du lieber: Bei Festivals oder in irgendwelchen Clubs auflegen?
Ich spiele auch total gerne in Clubs, wo es klein ist und man direkt an der Crowd dran ist.
Dann ist wahrscheinlich auch die Connection besser, oder?
Ja, es ist auf jeden Fall einfacher. Natürlich gibt es auch Abende, an denen die Crowd vielleicht nicht so in Stimmung ist. In dem Fall ist der Club eher schwieriger, wenn da wenig Leute sind, die Bock haben – dann ist echt Flaute angesagt.
Bist du immer wieder aufgeregt, bevor du auflegst oder fühlt es sich irgendwann alles gleich an?
Natürlich normalisiert es sich über die Jahre, aber wenn es eine größere Crowd oder ein wichtiger Gig ist, dann ist auf jeden Fall auch immer positive Aufregung dabei. Negative Angst hingegen habe ich eher nicht mehr – es sei denn, der Gig wäre massiv groß und ich wüsste nicht, worauf ich mich einstellen muss.
Du hattest eben deinen Auftritt auf dem Airbeat One. Wie war es und bist du vorher schon mal hier aufgetreten?
Ja, ich bin total zufrieden und es war wirklich entspannt. Super entspannt deswegen, da die Leute gerade langsam auf das Festival-Gelände kamen, als ich angefangen habe, den ersten Track zu spielen. Da wurden die Türen gerade erst aufgemacht und es waren vielleicht nur 200-300 Leute, also ganz klein. Das ist super, weil man dann langsam anfangen und mehr und mehr aufbauen kann.
Was steht dieses Jahr noch an? Nächste Woche dann bin ich erstmal auf Asien-Tour in Jakarta, Bangkok und Bali, das wird sicher richtig gut. Dann spiele ich noch ein paar Sachen in Europa, zum Beispiel auf Madeira oder in Portugal.
Ich hatte die letzten zwei Monate relativ viel Zeit im Studio verbracht, wo ich die ganze Musik vorbereitet habe.
Das habe ich abgeschlossen und das kommt jetzt raus – das wird auf jeden Fall spannend.
Du hast dieses Jahr „15 Sleeps“ rausgebracht. Wie bist du auf den Song gekommen? Fliegt dir das zu, hast du Inspirationen oder überlegst du dir gezielt Melodien?
15 Sleeps war wirklich mal ein Experiment. Im Studio bin ich eigentlich grundsätzlich so, dass ich auf jeden Sound Bock habe. Ich möchte mich nicht limitieren, trotzdem muss man schauen, in welche Richtung man gehen möchte. Dieses eine Mal wollte ich mal frei Schnauze experimentieren. Ich hatte das Vocal zu dem Song von dem Label Sony bekommen, weil die meinten, das könnte vielleicht zu mir passen. Dann hatte ich erst eine Version gemacht, die in eine ganz andere Richtung als die veröffentlichte Version ging: Eher Tropical House und hatte die auch schnell fertig. Das habe ich dann aber erstmal 2-3 Wochen sacken lassen und dann gemerkt, dass es mir so noch nicht gefällt. Das klang für mich bisschen altbacken und zu sehr nach etwas, was andere schon gemacht haben. Dann bin ich auf die Idee gekommen, dass so ein Wave-Sound ganz gut passen könnte, da ich damit eh schon ein wenig experimentiert hatte. Sony hat es gefeiert, die Songwriter auch und ich war auch happy damit. Ich hatte auch noch kurz über einen anderen Namen nachgedacht, weil es vom Sound her etwas ganz Anderes ist, als ich normalerweise mache, aber warum verstecken? Ich stehe dazu und man muss auch immer mal was ausprobieren. Also immer das machen, was einem auch selber gefällt.
Kannst du sagen, wie lange es ungefähr dauert, so einen Song zu produzieren?
Es kommt immer drauf an. Bei meinem neuesten Song brauche ich für eine Version in der Regel eine Woche, weil ich alles selber mache und mixe. An sich ist das schon schnell, weil ich auch im Laufe der Jahre geübt bin. Das Problem ist dann eher, dass mir die Version nicht gefällt und dann mach ich alles nochmal neu. Man überarbeitet immer wieder neu und das ist dann der Prozess, der dahintersteckt.
Hast du noch irgendwelche Träume und Ziele, die du gerne erreichen möchtest?
Ja, auf jeden Fall. Andere DJs, mit denen ich gerne zusammen arbeiten würde, Locations oder Festivals, bei denen ich gerne auftreten würde.
Ein Traum wäre zum Beispiel das Coachella-Festival.
Ich hab schon viel mit Axwells Label gearbeitet, aber noch nie mit ihm direkt einen Song zusammen produziert und veröffentlicht. Das ist auf jeden Fall auch auf meiner Liste.
Wir danken für das Interview und wünschen viel Erfolg bei diesen Vorhaben!
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